Eine mehrsprachige und sehr dynamische Statthalterei

Print Mail Pdf

Investiture à Locarno1

Die dreitägigen Investiturfeierlichkeiten der neuen Mitglieder im Mai 2016 im Tessin organisiert von der „Sezione Svizzera Italiana“ waren von strahlendem Sonnenschein geprägt. Die Schweizerische Statthalterei darf stets Vertreter des Souveränen Malteserordens, wie auch des Johanniterordens bei sich begrüssen, was den Austausch unter den geistlichen Ritterorden fördert und das Ordensleben bereichert.

Die Vigilfeier fand in der Kirche „Santa Maria della Misericordia“ in Ascona statt, sie half uns zur Vertiefung unserer Spiritualität. Wir begannen die Feierlichkeiten der Investitur mit der Segnung der Insignien und der Anbetung des Allerheiligsten.

In der Kirche San Francesco in Locarno durften wir am darauffolgenden Tag eine eindrückliche Investitur zu Ehren der neuen Ritter und Damen feiern und sie herzlich in unseren Kreisen willkommen heissen. Der Grossprior zeigt den Kandidaten die Sporen, die immer noch das Sinnbild des Ritterdienstes zur Ehre und Ruhm des Heiligen Grabes sind, und das blanke Schwert. Die neuen Ritter und Damen sollen kämpfen mit dem Schwert des Geistes, welches das Wort Gottes ist. Der Heilige Geist soll den neuen Mitgliedern stets die rechten Worte schenken, um den Glauben und die Kirche zu verteidigen.

Am Sonntag wird jeweils die heilige Messe in einer Pfarrei gemeinsam mit den Pfarreiangehörigen gefeiert. Dieses Jahr hatten wir diese Freude in der romanischen Kirche Collegiata di San Vittore in Muralto. Der Ursprung der Kirche San Vittore geht auf das 9. Jahrhundert zurück und trägt den Namen des Heiligen Viktors. Zahlreiche Fresken aus verschiedenen Epochen schmücken die Apsiden und die Wände der drei Schiffe der Kirche. Der älteste Freskenzyklus stellt Szenen aus der Genesis dar und geht etwa auf das Jahr 1150 zurück.

Jeweils Anfang August lädt die Komturei Churrätien die Statthalterei zur Pilgerfahrt auf den höchstgelegenen Wallfahrtsort Europas nach Ziteil auf 2'434 m ü. M. Über 80 Ritter und Damen aus allen Sektionen, besonders viele auch aus der Sezione della Svizzera Italiana nehmen jedes Jahr den beschwerlichen Aufstieg zum Marienheiligtum auf sich. Auf dem Gipfel angekommen, feiern wir gemeinsam die heilige Messe und werden von unserem geistlichen Ordensbruder und ehemaligem Chefkoch, Pfarrer Paul Schlienger, festlich bekocht.

Einmal im Jahr können sich die Ritter und Damen der Schweizerischen Statthalterei unter geistlicher Führung in ein Glaubensthema vertiefen. Die Besinnungstage der deutschschweizerischen Sektion in Hertenstein am malerischen Vierwaldstättersee Ende Oktober 2016, organisiert von der Komturei Waldstätte, unter der Leitung des Sektionspriors S.E. Weihbischof em. Martin Gächter hatten zum Thema „Aus der Kraft der Eucharistie leben“. In fünf Teilen hat der Referent Dr. Klaus Peter Dannecker den Teilnehmenden einen spirituell-mystagogischen Zugang zur Eucharistiefeier ermöglicht. Er ist Liturgiewissenschaftler an der Theologischen Fakultät der Universität Trier und Leiter der liturgiewissenschaftlichen Abteilung des Deutschen Liturgischen Instituts.

Die „Section de la Suisse Romande“ führte ihre Besinnungstage unter der Leitung des Sektionspriors, S. E. Mgr Charles Morerod, Bischof von Lausanne, Fribourg und Genf, in der Zisterzienser-Abtei von Hauterive durch. Er führte die Mitglieder mit einer tiefgreifenden adventlichen Meditation an Weihnachten heran. Unser Bischof kam sehr sportlich den ganzen Weg von Fribourg bis Hauterive mit dem Velo! Die Förderung der Spiritualität des Einzelnen und der ganzen Ordensgemeinschaft gilt ebenso wie das finanzielle Engagement als zentrale Aufgabe der Mitglieder. Damit legen wir Zeugnis unseres Glaubens in Treue zur katholischen Kirche im täglichen Leben ab.
 

Donata Krethlow-Benziger 
Kanzlerin der Schweizerischen Statthalterei

 


(Winter 2017)

Print Mail Pdf

Pierre-Yves Fux1

« Minderheiten im Nahen Osten : Herausforderungen und Lösungen »

Zeugnis von Pierre-Yves Fux, Botschafter der Schweiz beim Heiligen Stuhl, Mitglied des Ordens


Als Berufsdiplomat war Pierre-Yves Fux in Tel-Aviv, in Teheran und in Amman im Amt. Zwei Mal (1997-2001 und 2013-2014) war er im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten in Bern für Dossiers verantwortlich, die die humanitären Fragen im Nahen Osten betreffen, die er auch heute noch als Botschafter der Schweiz beim Heiligen Stuhl verfolgt. Er ist der Autor des Buches La main tendue. Jean-Paul II en Terre Sainte (Paris, Verlag L’Œuvre, 2011).

„Die Schweiz nimmt viele Asylbewerber auf und empfängt auch die Friedensverhandlungen für Syrien, die Sitzungen des Menschenrechtsrates und beheimatet den Sitz des Roten Kreuzes. Die Situation der Minderheiten im Nahen Osten interessiert und bewegt also die Schweizer Öffentlichkeit ganz besonders. Um auf ihre Fragen zu antworten, organisierte die Komturei St. Theodule (Valais) am 18. Oktober 2016 einen Vortrag mit anschließendem Austausch in Gegenwart insbesondere von Bischof Jean-Marie Lovey von Sion. Der Redner, ein Mitglied des Ordens, war der derzeitige Botschafter der Schweiz beim Heiligen Stuhl, Pierre-Yves Fux.

Botschafter Fux wollte weniger über die oft angezweifelten Zahlen sprechen oder die allen bekannten Grauen in Erinnerung rufen, sondern zog es vor, Gesichter zu zeigen, geographische Karten zu erklären und Äußerungen zu zitieren. Die Situation der Christen im Orient, die im Vatikan bereits bei einer Bischofssynode im Jahr 2010 diskutiert wurde, hat sich weiter verschlimmert.

Ist die internationale Gemeinschaft inaktiv? Nein. Gelingt es ihr, die Verfolgungen und die Abwanderung, deren Opfer die Minderheiten sind, wirkungsvoll zu stoppen? Im Moment nicht. Dennoch gibt es Möglichkeiten, bereits jetzt zu handeln und die Zukunft vorzubereiten. Botschafter Fux stellte einige davon vor: Zunächst mit den Gliedern dieser Minderheiten zusammenkommen und versuchen, sie zu verstehen; öffentlich oder bei direkten Schritten zur Achtung des internationalen Rechtes und zu Friedensbemühungen aufrufen; den Anfälligsten eine konkrete Unterstützung zukommen lassen; dort, wo Minderheiten leben, die Versöhnung und die Gleichberechtigung fördern. Und einfach die Situation nicht verschlimmern, selber in Übereinstimmung mit seinen Prinzipien und Werten handeln, auch in Wirtschaftsbeziehungen. Was die Zivilbehörden auf politischer Ebene tun, kann auch von jedem Bürger – persönlich oder kollektiv – umgesetzt werden. „Ja, aber etwas Wesentliches kann ein Staat nicht tun: beten“, fügte einer der Teilnehmer ganz am Ende des Vortrags hinzu.

Am Ende der Diskussion wurde die Aktion des Ritterordens vom Heiligen Grab vorgestellt und auch eine der gestellten Fragen beantwortet: Soll man nur den Christen oder in erster Linie den Christen oder allen ohne Unterschied helfen? Der Orden greift von Fall zu Fall in allen drei Richtungen ein. Um den Christen und den anderen Minderheiten zu erlauben zu leben, zu überleben und in ihre Heimat zurückzukehren, muss man dort eine Situation gewährleisten, in der der Staat und die Gesellschaft für alle dieselben Rechte achten. Die Hand, die Papst Franziskus allen, Christen und Nicht-Christen großzügig entgegenstreckt, ist prophetisch. Die humanitären Akteure und die europäischen Staaten helfen unabhängig von seiner Herkunft jedem Menschen und geben den Anfälligsten den Vorrang. Dazu gehören die Christen, auf deren Schicksal die Staaten wie die Kirche zudem besonders aufmerksam achten. Die Dringlichkeit und die Geschwisterlichkeit bringen die Gläubigen hier dazu, ganz besonders ihren Geschwistern aus dem Orient zuzuhören, sie zu besuchen und ihnen zu helfen, ihre Kirchen aus Stein und aus Fleisch und Blut wieder aufzubauen und zu festigen. Gegen die Verzweiflung und den Fatalismus gibt es die Überzeugung, dass die Stabilität und die Entwicklung des Nahen Ostens über die Erhaltung und die Achtung seiner Minderheiten, insbesondere der christlichen Minderheiten führt.